In unseren Motorsport-Archiven gefunden: Das ist jetzt 20 Jahre her. Aber wenn man Namen und Fahrzeugtypen austauscht findet man Parallelen zur heutigen Zeit. Wobei, die Namen sind zum Teil noch die gleichen und einige der Fahrzeuge auch. Und auch die Sichtweise zur weiteren Entwicklung der Serie ist vom Grundansatz damals wie heute gleich. Ein Artikel von Uwe Baldes aus der Kult-Zeitschrift rallye racing vom April 1992, Seiten 40-42. Eine Vorschau auf die Saison 1992 im Veedol-Langstreckenpokal.

„Er geht bereits in seine 16. Saison, der Langstreckenpokal auf dem Nürburgring. Doch während der Ruhm anderer Rennserien längst verblaßt ist, präsentiert sich das "Eldorado der Privatfahrer" in bester Verfassung - es ist attraktiver denn je.
Ein Porsche Carrera 2 in himmelblau sorgte bei den letzten Rennen des Vorjahres für Furore. Die Brüder Uwe und Jürgen Alzen gaben dem Cup-Auto derart die Sporen, daß die Konkurrenz nur so staunte. Bis auf den zweiten Gesamtrang kamen die Alzen-Brüder, zuvor meist mit einem 944 Turbo unterwegs. Am Ende brachte es Rang acht für Jürgen und Rang neun für Uwe in der Meisterschafts-Endwertung ein. Uwe Alzen gewann sogar die Junior-Trophäe für Fahrer bis 24 Jahre.
Die beiden lieferten der Konkurrenz einen Vorgeschmack auf das, was in dieser Saison kommen könnte, nämlich den Sturmlauf einer neuen Porsche-Armada. Denn der Porsche Carrera RS ist mittlerweile ausgeliefert, und so wird in vielen Werkstätten kräftig gewerkelt. Man rechnet mit zehn dieser gut 275 PS starken Carrera RS in der Gruppe N/GT. Klar, daß auch Familie Alzen mit einem RS mitmischt. Vielleicht werden es sogar noch ein paar mehr, denn auch aus dem Ausland gibt es einige Interessenten. Daß man im Veedol-Cup nur mit deutscher Lizenz fahren darf, sollte dabei kein Hindernis sein. Der Blick der Porsche-Fahrer ist bereits über die ersten vier Langstreckenpokal-Läufe hinaus gerichtet, nämlich auf das 24-Stunden-Rennen am 20. und 21. Juni. Dort hatten Cup-Porsche im Vorjahr mit den Plätzen zwei bis vier sowie acht und neun für eine echte Sensation gesorgt. Trotz des besseren Potentials des RS im Vergleich zur Cup-Version, wie Fachleute erklären, ist der Weg zum Gesamtsieg 1992 in dieser Langstrecken-Meisterschaft domenreich. Die Konkurrenz ist stark, vor allem aus dem eigenen Lager. Denn die Zuffenhausener Sportwagen geben auch in der PS-starken Gruppe H den Takt an. Das Maß aller Dinge ist dabei Wolfgang Schrey. Der Ex-Meister (1988 gemeinsam mit Bruder Günter auf Mercedes) schaffte in der vergangenen Saison vier Gesamtsiege. Und hätte ihm die Technik nicht mehrfach auf den letzten Metern und souverän in Führung liegend einen Streich gespielt, es wären wohl noch einige Siege mehr geworden. Dieses Jahr sollen die Schwachstellen des Porsche 935 Carrera RSR beseitigt worden sein. Rechtzeitig zum Saisonstart am 28. März wird auch noch ein zweiter dieser Zwitter-Porsche - eine Mischung aus 935 Turbo-Flachschnauzer und 911 RSR - fertiggestellt sein. Und auch Schrey hat einen Carrera RS aufgebaut, der im Deutschen Tourenwagen-Cup und sporadisch im Langstreckenpokal eingesetzt werden soll. Zur Porsche-Streitmacht werden mindestens noch zwei RSR von Tuner Horst Derkum und natürlich dem "alten Haudegen" Edgar Dören gehören.
Aber schon 1991 geriet die Porsche-Armada unter Druck. Waren es 1990 noch neun Gesamtsiege, so waren es 1991 nur noch deren sechs. Just zum Kino-Film "Manta, Manta" hatten Michael Eschmann und Paul Hulverscheid beim Auftaktrennen ihren schon etwas betagten, aber unvermindert flotten Opel Manta 16V zum Sieg chauffiert. Die restlichen drei Triumphe fielen allerdings an das DTM-Lager, an den von Max Stocker ("mastop") eingesetzten BMW M3 mit dem extrem schnellen Franz Dufter am Steuer. Nun "droht" weitere Konkurrenz aus der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft. Schon beim '91er Finale setzte Opel-Tuner Helmut Kissling - mit Opel-Techniker Volker Strycek und Hulverscheid - einen Omega Evo 500 ein, der zuvor bei Irmscher in der DTM gelaufen war. Mit einem feinen Unterschied unter der Haube: Kissling, der gleich eine eigene Streitmacht mit Astra, Kadett, Calibra und Manta in die Schlacht um Punkte und Pokale wirft, pflanzte ein 3,8-Liter-Aggregat mit satten 450 PS ein. Pilotiert wird der Kissling-Blitz von Eschmann/Hulverscheid, die 1992 nur als Lehrjahr ansehen, doch jeder weiß um das Können dieses eingespielten Duos.
Der Langstreckenpokal lebt keineswegs nur vom Kampf um den Tagessieg bei den zehn Rennen, sondern mindestens genauso sorgen die unzähligen Kämpfe in den verschiedenen Klassen für lebhaftes Getümmel auf der 23,84 km langen Nordschleife. So wird sich auch erst beim Auftakt-Rennen zeigen, welche Klassen in diesem Jahr im Vordergrund stehen. In jedem Fall im Blickpunkt stehen die Gruppe N bis 2,5 und bis 2,0 Liter Hubraum. In diesen beiden Klassen sind auch die Fahrer am Start, denen eine erfolgreiche Titelverteidigung gelungen ist. Johannes Scheid, Meister von 1980 und 1981, feierte im Vorjahr mit Rang 14 ein starkes Comeback und hat sich in der beliebten Klasse der BMW M3 für diese Saison noch einiges mehr vorgenommen. In der 2,0-Liter-Klasse treten die Gebrüder Fritzsche an, die Titelträger von 1990 und 1991. Allerdings standen Jürgen und Heinz-Otto, die kaum auseinanderzuhalten sind, bis zuletzt mit leeren Händen da. Unter den Querelen und Machenschaften auf und neben der Strecke und schließlich der Streichung der Opel-Förderung für das Team des eigenwilligen Wolf-Dieter Mantzel hatten die beiden Fritzsche-Brüder am meisten zu leiden. "Es ist vieles schief- und für uns sehr unglücklich gelaufen", so Jürgen Fritzsche. Den Kritikern zum Trotz erklärt er: "Es wird gefahren!" Zuerst wird man wohl mit dem bewährten Kadett Gsi 16V antreten, bald soll ein Astra folgen, der in dieser Klasse das Zepter vom Kadett übernehmen soll. "Es sieht so aus, als ob wir bei Mantzel bleiben", ließ Jürgen Fritzsche Mitte Februar wissen, ergänzte aber, daß man verstärkt in Eigenregie arbeiten wolle.
"Wir sind hocherfreut, daß das Interesse an unserer Rennserie auch in diesem Jahr so groß ist", erklärt Karl-Heinz Retterath, "Erfinder" und Promotor des 1977 erstmals ausgetragenen Langstreckenpokals. Retterath und seine zehn Veranstalter-Clubs haben schon im vergangenen Sommer die Weichen für die diesjährige Saison gestellt. Wichtigste neue Regelung ist die Einschränkung, daß während des Tankvorgangs keine Reifenwechsel mehr vorgenommen werden dürfen. "Diese Maßnahme dient vor allem der Sicherheit, aber auch der Kostenreduzierung, weil ein Reifenwechsel zusätzliche Zeit kostet", erläutert Retterath. Der 51 Jahre alte Angestellte der Nürburgring GmbH verweist mit einigem Stolz darauf, daß der Langstreckenpokal, bei dem 1991 wieder über 700 Fahrer an den Start gingen, bereits seit 1977 mit stetig steigendem Erfolg ausgetragen wird. "Die Grundlinie unserer Idee haben wir nie verlassen. Der Langstreckenpokal soll den Fahrern in erster Linie Spaß machen", so Retterath. "Wir haben nur Veränderungen vorgenommen, die unbedingt erforderlich waren." Dabei hat der Langstreckenpokal schon oft eine Vorreiterrolle gespielt, beispielsweise als man beim Thema Sicherheit und beim Umweltschutz über die Vorgaben hinausging. "Breitensport Spitzenklasse" lautet die Devise und "Motorsport, der Spaß macht". Die Nordschleife ruft - auch 1992.“

aus rallye racing, April 1992, Seiten 40-42, ein Artikel von Uwe Baldes

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