Kommenden Sonntag findet auf dem Nürburgring GP-Kurs wieder ein Rennen statt was Jahrzehnte lang feste Tradition war. Zu ihm strömten Fahrergrößen und Zuschauermassen. Nach einem Dornröschenschlaf erlebte das 1000km Rennen Nürburgring eine gerne gesehene Renaissance.

Wussten sie eigentlich, dass der Langstreckenklassiker über die klassische Kilometer Distanz in der Eifel eines der Rennen mit der längsten Tradition ist. Ganze 37. Mal wurde das Rennen seit Ende der 50er Jahre ausgetragen; von 1956 bis 1984 ununterbrochen. Ein Blick zurück in die Geschichte der Nürburgring offenbart viele interessante Momente.

Eines war am Nürburgring immer gefragt: Ein langer Atem und Coolness. Eigentlich auch heute noch. Heißsporne sind im Langstreckensport eher deplaziert. Doch früher wurde das Rennen auf der Nordschleife und der Start- und Ziel Schleife ausgetragen.

1959 rutschte z.B. Jack Firmann mit dem Aston Martin im Brünnchen in den Graben. Er lag zu dieser Zeit in Führung. Mit viel Einsatz bekam er den Wagen wieder frei und konnte das Rennen wieder aufnehmen und auch noch mit Stirling Moss gewinnen. Stirling Moss ist übrigens jener Rennfahrer der in den ersten Jahren das Rennen dominierte und 4 Gesamtsiege einfahren konnte (1956, 1958-1960). Sein letzter Sieg im Jahr 1960 fuhr er u.a. bei sehr dichtem Nebel ein, wie die jungen Nürburgring Fans es z.B. aus dem 24h Rennen 2007 kennen. Die Sichtweise betrug zeitweise nur 30-40m. Aber es gab auch die ganz hart gesottenen Fahrer. Baron William de Selincourt und Chris Lawrence verloren im Laufe des Rennens ihre Scheinwerfer am Auto. Ohne Erleuchtung im dichten Eifelnebel fuhren beide das Rennen zu Ende und belegten den 24. Gesamtrang auf einem Lola Mk 1 Climax.

Bis 1961 bestand die Sportwagenmeisterschaft in der Regel aus 5-6 1000km Rennen. In der Regel gehörten die internationalen Langstreckenklassiker Sebring, Targa Florio, Le Mans dazu. Das 1000km Rennen am Nürburgring gehört also mit zu den Urgesteinen der 1000km Rennen nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach 1962 wurde der Kalender der Sportwagen-Weltmeisterschaft ausgeweitet. Der Nürburgring blieb fester Bestandteil des Kalenders, nicht zuletzt wegen seiner äußerst anspruchsvollen Rennstrecke. Ungewöhnlich und clever war 1963 wie Peter Lindner im Jaguar E-Type sich die Führung eroberte. Peter Noblet führte nach dem Start im Ferrari 250 GTO bis zur Links Kurve zur Südkehre. Um an dem Ferrari vorbeizukommen betätigte er die Hupe, worauf Noblet einen erschreckten Satz zur Seite machte: Für Peter Lindner tat sich eine Lücke auf, die er selbstverständlich nutzte, um die Führung für sich zu beanspruchen. Genutzt hat es ihm nichts, denn nach der 25. Runde fielen er und sein Kollege aus. Von 1962 bis 1965 war das 1000km Rennen in fester Hand der Marke Ferrari. In jedem Jahr gewann u.a. ein anderes Modell, angefangen beim Ferrari Dino 264 SP, über den 250P, über den 275P bis zum 330P2. 1965 schob Chris Amon seinen Ford GT ohne Sprit ca. 2 km von der Antoniusbuche bis in die Boxengasse. Man bedenke die Durchschnittsgeschwindigkeiten die auf der Döttinger Höhe bereits zu dieser Zeit gefahren wurde. Nicht ungefährlich, aber was tat man damals nicht alles für den Erfolg. Heute wäre solche Aktionen sportrechtlich undenkbar.

Bei den legendären Rennen Anfang der 60er Jahre registrierten die Veranstalter und die Nürburgring GmbH Zuschauerzahlen von 150 000 bis 200 000 Zuschauer. Die Eifel war eine Zeltstadt. Porsche begann Mitte der 60er Jahre seine Aktivitäten weiter auszubauen. Die Spitzenposition in der Sportwagen - Weltmeisterschaft war fest im Visier. Mit dem Porsche 906 wollte man 1966 den Sieg erobern. Mit einer Runde Rückstand kamen Bob Bondurant und Paul Hawkins nur auf Platz vier. Der Sieg ging im Jahr 1966 nicht an Ferrari und nicht an Porsche, sondern Chaparral. Phil Hill und Joakim Bonnier siegten in einem von Jim Hall und Hap Sharp konstruierten 5,34l V8 Coupe. Interessant war, dass der siegreiche Chaparral 2D ein Automatikgetriebe hatte und die Distanz gut überstand – eine Premiere. Im Sprühregen musste Phil Hill das Tempo zeitweise auf 50km/h reduzieren. Der Scheibenwischer reinigte nur einen geringen Teil der Scheibe und Hill öffnete von Zeit zu Zeit die Dachluke um die Scheibe notdürftig mit dem Handschuh zu reinigen.

1967 ist für das 1000km ein besonderes Datum. Zunächst mussten sich erstmal alle Fahrer mit der neuen „Bremskurve“ am Ende der Döttinger Höhe anfreunden. Heute wird sie Hohenrainschikane genannt. Die hohen Geschwindigkeiten besorgten die Veranstalter schon damals und bewegten sie zu diesem Schritt. Vollgas Fahren vom Galgenkopf bis zum Ende der Start- und Zielgerade war nun nicht mehr möglich. Nach der Niederlage im Jahr 1966 sann Porsche darauf den Sieg einzufahren und wie sie das taten und zwar sehr kurios! Lesen sie weiter:

Es war der erste Heimsieg eines deutschen Piloten auf einem deutschen Wagen bei einem 1000km-Rennen auf dem Nürburgring und nebenbei der knappste Zieleinlauf in der Geschichte des Langstreckenklassikers und das obwohl der damalige Porsche-Rennleiter Huschke von Hahnstein bereits Runden vor Schluss die Stallorder "Positionen halten und Wagen ins Ziel bringen" ausgab, schließlich führten Gerhard Mitter/Lucien Bianchi im 8-Zylinder Porsche 910-8 vor den beiden 6-Zylinder Porsche 910 Carrera 6 mit Udo Schütz/Jeo Buzzetta und Gerhard Koch/ Paul Hawkins. Es sollte der erste Porsche-Gesamtsieg bei den großen Prototypen werden - und dann auch noch gleich als Dreifach-Sieg.

Acht Kilometer vor Ende der 1000km Distanz blieb der führende Porsche liegen. Bis zum Karussell schleppte Mitter noch seinen Porsche bis dieser durch eine defekte Batterie ausging – es schien als hätten die beiden Führenden im Verlauf des Rennens die Batterie etwas zu sehr mit dem Stromverbrauch der aufgeblendeten Scheinwerfern belastet, die Mitter und Bianchi nutzten um die langsameren Fahrzeuge zu überrunden. Mitter gab resigniert auf. Als jedoch Mitter den Wagen abstellte waren Schütz und Koch ratlos. Was tun? Bis sie dann zu dritt bei den Wagen stehend begriffen, dass es für diesen Fall keine Stallorder gab. Schütz und Koch jagten sich, oft gegenseitig überholend bis zum Ziel, wo Schütz 0,2sec. vor Koch die Ziellinie kreuzte. Es wurde dann noch ein Vierfach-Sieg für Porsche, denn auch Jochen Neerpasch/Vic Elford schafften es De Adamich/Nanni im Alfa Romeo P33 abzufangen und Mitter/Bianchi wurden aufgrund der zurückgelegten Distanz zum Zeitpunkt der Zielüberquerung Schütz´s noch vor dem Alfa gewertet. Ein grandioser Triumph über Ferrari, Ford und Alfa Romeo mit einem kuriosen Ende.



Boxenstopp 1967 bei der Porsche Mannschaft



Im Jahr 1968, das letzte in dem der klassische Le Mans Start praktiziert wurde, wollte der Gewinner des Jahres 1984 Derek Bell beim 1000km debütierten. Ja er wollte, aber dazu kam es nicht mehr. Derek Bell startete mit Geoff Breakell auf einen Chevron B8. Man kam nur bis in die erste Trainingsrunde. Breakell blieb auf Grund von Elektrikproblemen mit dem Wagen im Abschnitt Breidscheider Brücke stehen. Ein Zuschauer bot ihm an ihn bis zum Fahrerlager zu schleppen. Gesagt – getan. Abschleppseil zwischen Mercedes und Chevron gehängt und los ging es über die Landstraße Richtung Nürburg. Auf der Landstraße parallel zur Döttinger Höhe gab der Mercedes Fahrer Gas als sich plötzlich die Heckkarosserie des Chevron löste. Der Mercedes Fahrer trat instinktiv auf die Bremse, was Breakell nicht tat. Der Mercedes Fahrer konnte nur noch einen zerdellerten Wagen ablieferten und hatte selbst einen Schaden zu begleichen. Derek Bells erstes 1000km Rennen auf dem Nürburgring könnte man in Geschichtsbücher mit „Unfall auf der B258“ aufführen.

Von 1967 bis 1971 siegte Porsche ununterbrochen. Zum Schluß mit dem Porsche 908/3. Der in Le Mans siegreiche Porsche 917 erwies sich als zu schwerfällig auf der Nordschleife für die Fahrer des Porsche Werkes, weshalb man den wendigeren 908 bevorzugte. Die Entscheidung fiel bei Porsche Testfahrten auf der Nordschleife. Jo Siffert fuhr mit dem 908/3 bereits 20 Sekunden schneller als im Jahr 1969 und Kurt Ahrens musste sich auf Grund der hohen Anstrengungen im Porsche 917 übergeben.

1972 und 1973 meldete sich Ferrari zum letzten Mal erfolgreich in der Sportwagen-Weltmeisterschaft zurück. Der Typ 312 PB fuhr alles in Grund und Boden. Porsche und Matra hatten das Nachsehen. 1973 dezimierte sich die effektive Konkurrenz bis zur 12. Runde auf minimale Größe durch techn. Defekte und Unfälle. Der Ferrari Rennleiter rief zur besonnen Fahrweise der beiden führenden Ferrari auf. Arturo Merzario beugte diese Vorgaben nach seinen Vorstellungen und holte in Runde 34 mehr als 10 Sekunden auf den Führenden Jacky Ickx auf und konnte ihn überholen. Er wurde darauf an die Box beordert, um ihn zurechtzuweisen was Merzario im italienischen Temperament mit der geballter Faust (ohne Schlag) zurückwies und das Rennen wieder aufnahm. In Runde 39 übernahm Carlos Pace das Steuer beim einem Tankstopp und Merzario packte erzürnt seine Koffer und reiste ab. Seinen zweiten Platz feierte Merzario nicht auf dem Treppchen.



Drei Ferrari an der Spitze 1972 und eher mäßiges eifeltypisches Wetter

1974 war das 1000km Rennen kein 1000km Rennen. Nach der Ölkrise wollte der ADAC ein Zeichen setzen und verkürzte die Distanz auf ca. 750km. Die 1000km Rennen Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre werden geprägt durch die Wagen der Gr. 5. 1981 wurde das Rennen nach einer Distanz von 388,2 Kilometern abgebrochen. Herbert Müller kollidierte in seinem Porsche 908/3 zwischen den Abschnitten Mutkurve und Kesselchen mit dem abgestellten Porsche 935 von Bobby Rahal. Herbert Müller hatte keine Chance und verlor in diesem schrecklichen Feuerunfall sein Leben. Groteskerweise wurde der Sieg Hans Joachim Stuck und Nelson Piquet zugesprochen, die einem BMW M1 Procar pilotierten mit der Aufschrift „Ja zum Nürburgring“. Insgesamt verunglückten 6 Fahrer bei den 1000km Rennen im Laufe der Jahre tödlich. Die Fahrzeugleistungen und die fehlende Sicherheit der Nordschleife passten nicht mehr zusammen. Trotzdem wurde bis 1983 noch das 1000km Rennen auf der Nordschleife ausgetragen, auch deshalb weil zu dieser Zeit die neue GP gerade im Bau war.

1983 fand wohl eines der spektakulärsten 1000km Rennen statt. Die neuen Gruppe C Wagen fuhren ein einziges Mal in der Königsdistanz über die Nordschleife. Der neue Porsche Werksfahrer Stefan Bellof setzte im Training und Rennen offizielle und inoffizielle Rekorde für die Ewigkeit. Bis die Zeit von 6.11 Min auf der reinen Nordschleife unterboten werden wird, vergehen sicherlich noch unzählige Jahre, wenn sie denn überhaupt unterboten werden wird. Im Rennen schied Bellof nach einem heftigen Unfall aus, nach dem sein Porsche 956 Unterluft am Pflanzgarten bekam. Gerade diese unbekümmerte Fahrweise fand bei den Fans Beigeisterung, wogegen von den Fahrerkollegen auch kritische Stimmen kamen. Keke Rosberg entgegnete zum Bellof Unfall, dass er wohl zu alt sei um an dieser Stelle noch voll zu fahren. Das letzte 1000km Rennen auf der Nordschleife entschied Porsche für sich. Jacky Ickx und Jochen Mass übernahmen nach dem Ausfall von Stefan Bellof und Derek Bell die Führung, vielen wieder zurück und konnten die Spitze wieder zurückgewinnen. In diesem Rennen glänzte auch ein gewisser Olaf Manthey im Ford Escort RS und konnte im starken Regen die Gr. C Wagen ärgern. Lancia war zu dieser Zeit die Hauptkonkurrenz für Porsche. Beide Lancia LC2 vielen mit Getriebeproblemen aus. Ein wild gestikulierender Ricardo Patrese erinnert im Film an die schwierigen Anfänge von Lancia mit dem LC2.

Nach der Einweihung des neuen GP Kurses erhielt der Nürburgring Höchstnoten der Fahrer für die neu gewonnen Sicherheit. Das 1000km Rennen durfte da nicht fehlen. 1984 war jenes Jahr in dem der brasilianische F1 Star der 80er Jahre sein einziges Sportwagen Rennen bestritt. Die Sprache ist von Ayrton Senna, der im New Man Porsche 956 des Joest Teams startete. Platz 8 war die Ausbeute. Das Chassis 104 mit dem Senna fuhr ist heute übrigens in einem perfekten und fahrbereiten Zustand beim Autohaus Seibold zu finden. Siegreich waren Bell/Bellof im Porsche 956.

1985 fand das 1000km Rennen in Hockenheim statt und war 1986 zurück. Bei heftigen Regenfällen verunfallten die Rothmans Porsche 962 und das aufstrebende Sauber Team konnte mit dem Modell C8 und Mercedes Triebwerk seinen ersten Sieg einfahren. In den Jahren danach verstärkte Mercedes mehr und mehr sein Engagement. Die Rückkehr der Silberpfeile begann wieder am Nürburgring. Das Rennen wurde nach etwas mehr als 500km aus Sicherheitsgründen abgebrochen. Bis 1988 wurde noch die 1000km Rennen gefahren.

Von 1989 fanden zwar noch Sportwagen Rennen der WM auf dem GP Kurs statt jedoch nicht mehr über die Königsdistanz von 1000km. 1992 war die Ära der Gr.C endgültig zu Ende. Ein Aufleben des 1000km Rennes war in weite Ferne gerückt. Zwar fanden mit der ISRS bereits 1998 wieder Sportwagenrennen statt, aber es sollte noch bis zum Jahr 2000 dauern bis die ALMS in Europa gastiert. Die stets den Audi R8 unterlegenen Panoz LMP siegten beim ersten 1000km Rennen nach 12 Jahren Pause. Die Fans mussten danach wieder eine 3jährige Pause über sich ergehen lassen in der sich die zuerst ELMS, nun LMS formierte und etablierte. Seit 2004 kann man an die wechselvolle Tradition des 1000km Rennen wieder durchgehend anschließen. Apropos wechselvoll – Seriensieger beim 1000km Rennen? Fehlanzeige! Schon früher war das 1000km Rennen für Überraschungen gut. Auch seit 2004 siegte immer ein anderes Fabrikat beim 1000km Rennen (2004-Audi/2005-Zytek/2006-Pescarolo/2007-Peugeot). Ob es 2008 auch so sein wird? Es würde der Tradition 1000km Rennen Nürburgring gerecht werden.

P.S.: Es gäbe noch so viel zu erzählen...



Start zum 1000km Rennen 1969



Hölzerner Zaun, keine Leitplanke, viele Zuschauer, starker Porsche - das 1000km Rennen im Jahr 1969



Ausfall auf der Nordschleife - der Gr. C WP Peugeots beim 1000km Rennen 1982



Das letzte Mal 1000km Rennen auf der Nordschleife - Stefan Bellof wählt im Porsche 956 die Aussenlinie im Karussell

Quelle Fotos: Wilhelm Ostgathe (Ferraris)/Porsche Archiv (Porsche 906) / Udo von Fragstein (1000km Rennen 1969)/Christian Reinsch (Tumbnail)/Rudi Izdebski(1000km Rennen 1982-1983

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